Die Indien Kolumne: Über Mitarbeiterbindung im Unternehmen

Die Indien Kolumne

Sebastian ZangGeschrieben von:

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Freitags steht in unserem IT Entwicklungszentrum im Silicon Valley Indiens, Bangalore, der „Fun Friday“ auf dem Programm. Wenn ich dann vor Ort bin, jage ich gemeinsam mit den indischen Softwareentwicklern Luftballons hinterher, löse knifflige Quiz-Fragen oder erkläre mit pantomimischer Darstellung lustige Begriffe. Kürzlich musste ich mit zwei Lutschern im Mund die Worte „Kiss Kiss Bang Bang“ buchstabieren, nach einigen Runden Gelächter zu dem unverständlichen Lallen hat jemand die Silben irgendwie heraushören können. Eine erfrischende Erfahrung am Ende einer Arbeitswoche.

Fun Friday, Power Hour, Team Lunch, Team Dinner, Team Outing, Tea Break mit Keksen und Vieles mehr: Ohne den Chief Happiness Officer kommt ein IT Unternehmer in Indien kaum mehr aus. Er sorgt dafür, dass sich Mitarbeiter’Innen wohlfühlen, dass sie gerne zur Arbeit kommen, Loyalität entwickeln und dass die Mitarbeiterfluktuation niedrig bleibt. Als ich vor fünf Jahren den Startschuss für das IT Entwicklungszentrum gelegt hatte, war mir kaum bewusst, welche Kreativität für die Mitarbeiterbindung erforderlich würde. (Vergleiche auch 10 Tipps zur Minimierung von Fluktuation)

Gehen wir zunächst noch einmal zurück nach Deutschland: Hier gleicht die Rekrutierung von Softwareentwicklern zunehmend der Suche nach der Nadel im Heuhaufen, vor allem wegen der demographischen Entwicklung und gegenläufiger Präferenzen bei der Studienwahl. Die Zahlen in Indien wiederum suggerieren ein Schlaraffenland: Hunderttausende Ingenieure schließen jährlich an indischen Colleges und Universitäten ihre Ausbildung ab, die Personalkosten liegen weit unter deutschem Niveau, Bangalore ist weltweit der größte IT Outsourcing Standort. Nichts wie hin. Siemens, Bosch, IBM, Microsoft, Cap Gemini, Accenture undsoweiter sind ja auch schon da.

Kein Unternehmen, das in Indien startet, möchte natürlich mit Frischlingen von der Universität starten. Erfahren müssen Sie sein. High Performer am besten. Wo kommen diese erfahrenen Entwickler her? Natürlich, aus anderen (!) IT Unternehmen. Damit ist eigentlich alles gesagt zum Thema Mitarbeiterfluktuation. Kürzlich habe mit einem indischen Unternehmer aus der Luftfahrtbranche gesprochen, der seine Karriere ca. 1980 begonnen hat: Damals waren Absolventen froh wenn sie einen Job hatten, sie sind folglich bei einem Arbeitgeber geblieben, manchmal ein ganzes Leben lang. Heute bekommt ein halbwegs begabter IT Ingenieur innerhalb weniger Tage einen neuen Job.

Stop! Wie kommt es eigentlich zu einer solchen Dynamik der Jobwechsel (und der damit verbundenen Lohnerhöhungen), wenn doch jährlich Hunderttausende Absolventen auf den Arbeitsmarkt strömen? Die Preise ergeben sich doch aus Angebot und Nachfrage, oder nicht? Liegt denn die Nachfrage so deutlich über dem Angebot von Hunderttausenden Absolventen? – Nein. Aber das Angebot ist viel kleiner, denn von den Hunderttausenden Absolventen wird nur ein kleiner Teil den Anforderungen gerecht. Das sind die Fakten. Damit muss leben, wer in Indien Fuß fasst. Das Schlaraffenland bringt also einige Herausforderungen mit sich – aber IT Offshoring nach Indien bleibt trotzdem eine sinnvolle strategische Option für die Personalfrage.

Die Mitarbeiterfluktuation ist mithin ein hausgemachtes Problem westlicher Unternehmen (in Indien vor allem angelsächsische Unternehmen). Ein Phänomen, das man in China ebenso wiederfindet wie in Osteuropa. Natürlich, auch wir haben als junges Unternehmen erfahrene Entwickler eingestellt – mithin abgeworben. Aber wir heizen diese Dynamik nicht unnötig an: Es gibt eine No-return-policy. Wer geht, der geht für immer. Und wir steigen bei Bieterwettkämpfen um Bewerber aus, wenn deutlich wird, dass ein Unternehmen mitbietet, das eine Stelle sehr, sehr dringend besetzen muss und darum jeglichen Zusammenhang zwischen Qualifikation und Entlohnung fallen lässt.

Für die indischen Entwickler bleibt Indien ein Schlaraffenland ohne Nebenwirkungen: Satte Gehaltssteigerungen und ein stets bemühter Chief Happiness Officer. Die Politikone und den überzeugten Sozialisten Jawaharlal Nehru hätte das bestimmt gefreut; dass sich dieser paradiesische Zustand mit einer wirtschaftlichen Öffnung einstellen würde, hätte ihn wohl wiederum verwundert.

164 Responses to " Die Indien Kolumne: Über Mitarbeiterbindung im Unternehmen "

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