Investment in Indien: Neue Ära der Kooperationen mit heimischen Firmen

Wirtschaft

Sebastian ZangGeschrieben von:

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Der indische Subkontinent weist seit der Unabhängigkeit in 1947 eine wechselvolle Geschichte im Verhältnis zu ausländischen Investoren und der Offenheit des eigenen Marktes auf. Unter der sozialistischen Ausrichtung der indischen Wirtschaft von Premierminister Nehru dominierten isolationistische Tendenzen, sogar Coca Cola musste zwischenzeitlich den Subkontinent verlassen. Dies änderte sich erst mit der (erzwungenen) Öffnung und Liberalisierung des indischen Marktes ab 1991, die sich schrittweise vollzog (aber durch auch einmal mit Rückschlägen verbunden war, vgl etwa den Rückzug von Firmen wie Caltex oder Astra). Kumuliert haben ausländische Firmen über 500 Milliarden US-Dollar in Indien investiert. Klar auf Wachstumskurs ist außerdem die IT Offshoring Industrie (vgl. dazu auch den Artikel „IT Offshoring nach Indien: Vorteile, Nachteile der verschiedenen Optionen”).

Der seit 2014 amtierende Premierminister Narendra Modi versprach den Beginn einer neuen Ära, eine weitere Öffnung der indischen Wirtschaft. Charakteristisch war etwa die Make in India-Initiative, die Indien zur neuen „Werkbank der Weltwirtschaft“ machen sollte. Optimisten argumentieren gerade in jüngster Zeit, dass Indien bald ein Ort für den Bau von Fabriken werden könnte, da die Firmen versuchen, die Abhängigkeit in ihren Lieferketten von China zu reduzieren. Diese Politik des „Make in India“ kann bislang jedoch kaum als erfolgreich gelten. Die Regierung nimmt dennoch für sich einige (andere) Fortschritte in Anspruch, etwa eine Verbesserung des Rankings im „ease of doing business“ Ranking, und zwar von Platz 142 im Jahr 2014 auf Platz 63 in 2019. Summa Summarum hat sich Indiens Anteil an den weltweiten ausländischen Investitionen (FDI) geringfügig erhöht, von 2,5% im Jahr 2014 auf 3,3% in 2019.

Ausländische Konzerne (sofern diese nicht als indische Legaleinheit an der Börse notiert sind wie etwa Suzuki, Unilever, Colgate-Palmolive, Nestlé) kämpfen gerade in letzter Zeit mit erschwerten Bedingungen. Bestes Beispiel ist Vodafone, das 2007 eine Mehrheitsbeteiligung an einem großen Mobilfunknetz übernommen hat und über 20 Milliarden US-Dollar in Indien investierte. Vodafone sah sich nun aber mit einer signifikanten rückwirkenden Steuerforderung konfrontiert, dazu ungünstigen Regulierungen und in jüngster Zeit auch zusätzlichen Abgaben auf das Funkfrequenzen (letzteres betrag aber auch einige lokale Firmen). Ähnliche Beispiele finden sich auch im Handel: Amazon und Walmart (die zusammengenommen ca. 20 Milliarden US-Dollar investiert haben), sahen sich 2019 mit einer drastischen Änderung der E-Commerce-Regeln zu deren Nachteil konfrontiert, etwa eine Begrenzung der Warenbestände und Grenzen beim Verkauf von Eigenmarken.

Die Regierung Modi erweist sich damit sichtbar beeinflusst von einem weltweiten Trend zum Protektionismus, der im Westen um sich greift: Von Amerika (Trump) bis Großbritannien (Johnson). Investoren und Unternehmer reagieren hierauf, indem sie ihre Strategie anpassen. Wo sich die „ease of Doing business“ zugunsten heimischer Player verschiebt, liegt eine Strategie von Joint Venture und Minderheitsbeteiligungen nahe. Eben dies lässt sich beobachten:

Der Autohersteller Ford hat in 2019 sein Geschäft in ein Joint-Venture eingebracht, namentlich mit Mahindra; in dem JV hat der US-Player nun eine Minderheitsbeteiligung. Das Unternehmen Aéroports de Paris hat eine Beteiligung an einem heimischen Infrastrukturunternehmen übernommen. Starbucks (seit 2007 auf dem indischen Subkontinent aktiv) ist nun in einem JV mit dem Konglomerat TATA – dies ist allerdings nicht jüngeren Datums, sondern datiert bereits aus der Zeit vor der Regierung Modi. Ein ähnlicher Kooperations-/JV-Ansatz besteht zwischen der britischen Handelskette Marks & Spencer und Reliance.

In jüngerer Zeit (Zu Beginn dieses Jahres) sind etwa ein Dutzend ausländischer Unternehmen und Investoren bei Jio eingestiegen, dem Geschäftsbereich „Digitales“ des Konglomerats Reliance. Rund 15 Milliarden US-Dollar an Investment kommen von Playern wie Facebook, KKR und Fonds der Saudis und Vereinigten Arabischen Emirate. In die Adani Gruppe wiederum investierten Katar sowie der französische Konzern TOTAL.

Dieser Trend zu ausländischen Investitionen in Form von Minderheitsbeteiligungen lässt sich wie folgt zusammen fassen: Von den insgesamt 57 Milliarden US-Dolllar, die in den vergangenen 12 Monaten für grenzüberschreitende Geschäfte angekündigt wurden, waren 66% passive Beteiligungen und die Hälfte Partnerschaften mit einer winzigen Anzahl indischer Tycoons.

Dieser Artikel nutzt als primäre Quelle einen Artikel der Englischen Ausgabe von The Economist, July 4th 2020

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